Der Bildhauer und Baumeister Ludwig Foltz, 1809 - 1867

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Die Familie Foltz in Bingen am Rhein

Jakob Ludwig Foltz wurde am 23. März 1809 in Bingen geboren und verstarb nach längerer Krankheit am 10. November 1867 in München. Sein Vater Ludwig (Louis) Foltz (1778–1848) stammte aus Zweibrücken (Deux-Ponts). Er heiratete in Bingen Margarete Christina Kertell, die Tochter einer einflussreichen Familie. Ludwig Foltz sen. war in Bingen als Kunstmaler und als Zeichenlehrer an der Realschule tätig. Von 1798 bis 1814 gehörte die Stadt Bingen zum französischen Département Donnersberg. Nach dem Wiener Kongress kam Bingen 1816 zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt zur neugebildeten Provinz Rheinhessen.

Ludwig Foltz war der dritte von acht Brüdern. Vier seiner Brüder starben in jungen Jahren. Ludwig und sein vier Jahre älterer Bruder Philipp (1805–1877), sein sieben Jahre jüngerer Bruder Karl (1816–1837 bzw. 1841) und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Friedrich (1811–1879) schlugen alle eine künstlerische Laufbahn ein.

Philipp Foltz siedelte 1825 nach München und wurde dort von Peter von Cornelius, dem Direktor der Königlichen Kunstakademie, zum Kunstmaler ausgebildet. Ab 1851 lehrte Philipp Foltz als Professor für Malerei an der dortigen Kunstakademie. Für König Maximilian II. schuf er ab 1852 zwei monumentale Ölgemälde für das Maximilianeum im Münchner Stadtteil Haidhausen. Von 1865 bis 1875 war er Direktor der Pinakotheken. 1869 wurde er in den Adelsstand erhoben.

Karl Foltz war als Zeichner, Aquarell- und Landschaftsmaler in Bingen tätig und ging später zur weiteren Ausbildung nach München.

Friedrich Foltz arbeitete als Stahlstecher in Darmstadt. Neben zahlreichen Ansichten in Stahlstich zählen das gefaltete Rhein-Panorama aus der Vogelschau und das Rhein-Album zu seinen verbreiteten Werken. Unter anderem schuf er auch Ansichten von Schloss Egg, für das sein Bruder Ludwig Foltz 1838 mit der Renovierung beauftragt wurde.

Eine Frau Barbara Schneider übergab Anfang der 1950er Jahre eine Akte mit Dokumenten an das Stadtarchiv in Bingen. Diese Akte enthält Schilderungen von Ludwig Foltz. Frau Schneider gab an, dass sie die Dokumente aus einem zerstörten Haus in München gerettet habe.

In seinen letzten Lebensjahren erinnerte sich Ludwig Foltz an das Leben und die Gebäude in der Binger Salzgass. Er schildert, dass er bereits als Knabe Säulen zeichnete und Zimmermann werden wollte, was seinem Vater Ludwig sen. nicht recht war.

 

Die Lehrjahre von Ludwig Foltz in Straßburg, Mainz und Koblenz

1825 ging Foltz im Alter von ca. 16 Jahren in die Steinmetzlehre nach Straßburg. Dies geschah wohl auf Vermittlung seines Vaters Ludwig sen., der in Kontakt mit dem Großherzoglich-Hessischen Baudirektor Georg Eckard Arnold stand. Dessen Bruder Christian Johannes Arnold (1766–1848) war Baumeister in Straßburg. Vermutlich wurde Foltz für kurze Zeit auch von dem Straßburger Zimmermann Karl Ludwig Arnold (1788–1853) ausgebildet, bevor er 1826 bei dem Großherzoglich-Hessischen Hofbildhauer Johann Baptist Scholl d. Ä. (1784–1854) seine Ausbildung fortsetzte. 1827 wurde er für den Koblenzer Architekten Johann Claudius von Lassaulx (1781–1848) tätig. Lassaulx war zuständig für die Renovierung der Burg Rheineck bei Bad Breisig, die im Besitz des preußischen Politikers August von Bethmann Hollweg (1795–1877) war.

 

Weitere Ausbildung von Ludwig Foltz in München

1830 besuchte Foltz die Akademie der bildenden Künste in München. Bei Ludwig Schwanthaler (1802–1848) bekam er die beste Ausbildung in künstlerischer Bildhauerei. 1832 nahm Schwanthaler ihn in sein Atelier auf und beschäftigte ihn mit diversen Auftragsarbeiten, u. a. für die Ausgestaltung des Thronsaals der Münchner Residenz. Es war Foltz‘ erste Tätigkeit für den 1786 in Straßburg geborenen Ludwig I., König von Bayern, und eine wichtige erste Stufe für die Weiterentwicklung seiner Karriere als Baumeister.

 

Die Familiengründung von Ludwig Foltz in Regensburg

1837 übertrug ihm der Minister Joseph Ludwig von Armansperg (1787–1853) die Renovierung seines Schlosses Egg bei Deggendorf.

1841 wurde Foltz in Regensburg ansässig und heiratete im Juni in München die Bräumeistertocher Karolina Spitzer (1824–1864) aus Tegernsee.

Im März 1844 starb der gemeinsame Sohn Jakob Ludwig 5 Monate nach der Geburt.

Am 26. Januar 1847 starb nach 6 Wochen die Tochter Adelheid Karoline.

In Regensburg war Foltz ab 1845 als Lehrer an der Kreisgewerbeschule tätig, bevor er 1852 von König Maximilian II an die polytechnische Schule in München berufen wurde. Für die Studienjahre 1852/53 bis 1855/56 wurde er beurlaubt, weil er mit der Restaurierung des Residenztheaters in München und dem Bau der königlichen Villa in Regensburg beschäftigt war.

 

Die Renovierung von Schloss Egg 1838 bis 1844

Schloss Egg im Ortsteil Egg in der Gemeinde Bernried im Landkreis Deggendorf, Holzstich von 1863
Schloss Egg im Ortsteil Egg in der Gemeinde Bernried im Landkreis Deggendorf, Holzstich von 1863

Eine ausführliche Beschreibung zur Geschichte und Ausstattung von Schloss Egg, sowie zu den Besitzverhältnissen wurde 1885 von Schlossbenefiziat Georg Müller unter dem Titel Schloss Egg und seine Besitzer herausgegeben. In diesem Buch sind zwei Stahlstiche von Friedrich Foltz, welche die Ansichten des Schlosses von der Südseite und von der Nordostseite zeigen. Friedrich Foltz schuf diese Stiche nach Zeichnungen von Eduard Gerhardt nachdem das Schloss in den Jahren 1838 bis 1844 von Graf Joseph Ludwig von Armansperg unter Leitung des Architekten Ludwig Foltz renoviert worden war.

75 Jahre später, um 1950, erschien eine Broschüre mit dem Titel Schloß Egg bei Deggendorf Niederbayern – Geschichtlicher Rundgang. Als Quellen dienten hierfür die zuvor genannte Veröffentlichung von Georg Müller, sowie Abhandlungen in der heimatkundlichen Beilage des Deggendorfer Donauboten Durch Gäu und Wald von Wilhelm Fink OSB und der Teilband 17 aus der Reihe Die Kunstdenkmäler von Niederbayern. Empfehlenswert sind auch die beiden zeitgenössischen Beschreibungen von Hans Weininger Schloss Egg bei Deggendorf von 1860 und Ein mittelalterliches Schloss von 1864.

 

Teilnahme von Ludwig Foltz an der Weltausstellung in London 1851

Die Londoner Industrieausstellung war die erste Weltausstellung und fand vom 1. Mai bis 15. Oktober im Londoner Hyde Park statt. Das eigens dafür gebaute Ausstellungsgebäude wurde als Crystal Palace bezeichnet. Der britische Schachspieler Howard Staunton (1810–1874) organisierte dort das erste internationale Schachturnier, welches der deutsche Schachmeister Adolf Anderssen (1818–1879) gewann. Solche bedeutenden Ereignisse rund um das Schachspiel waren sicherlich auch Ludwig Foltz bekannt, der wohl Abonnent der Leipziger Illustrirten Zeitung war.

 

Die Königliche Villa in Regensburg

Maximilian II. König von Bayern, * 28. November 1811 in München; † 10. März 1864 ebenda.
Maximilian II. König von Bayern (* 28. November 1811 in München; † 10. März 1864 ebenda)

Von 1854 bis 1856 war Ludwig Foltz mit der Errichtung der Königlichen Villa beschäftigt, die als Sommerresidenz dienen sollte. Schachfiguren für einen Spielsaal sind hier nicht nachweisbar.

Die Königliche Villa in Regensburg, Holzstich von 1862
Die Königliche Villa in Regensburg, Holzstich von 1862

 

Erste Allgemeine Deutsche Industrieausstellung 1854

Nach der Allgemeinen Deutschen Gewerbe-Ausstellung 1844 im Berliner Zeughaus, den Ausstellungen 1850 in Wien und Leipzig und der ersten Weltausstellung im Londoner Crystal Palace 1851 wurde auf Initiative von König Maximilian II. am 15. Juli 1854 die Erste Allgemeine Deutsche Industrieausstellung in einem eigens dafür errichteten Glaspalast in München eröffnet. Ludwig Foltz stellte auf der Münchner Industrieausstellung seine großformatigen Schachfiguren aus und bekam dafür als Preis die folgende Ehrenmünze:

Ehrenmünze München 1854.  Erste Allgemeine Deutsche Industrieausstellung

Teilnahme an der Weltausstellung in Paris 1855

Exposition universelle im Palais de l‘Industrie (Industriepalast) vom 15. Mai bis 15. November 1855 in Paris. Geschätzte 25.000 Aussteller aus 34 Ländern zeigten ihre Produkte, darunter die Firma Villeroy & Boch in der preußischen Abteilung La Prusse. Dort wurde auch ein Teil von Foltz' ca. 50 cm hohen Schachfiguren in Terrakotta ausgestellt, wie die folgende Abbildung zeigt.


Schachfiguren von Ludwig Foltz bei Villeroy & Boch auf der Weltausstellung in Paris 1855
Schachfiguren von Ludwig Foltz bei Villeroy und Boch auf der Weltausstellung in Paris 1855

 

Die Jahre mit der Familie in München

Ludwig Foltz erhielt 1857 für seine Renovierung des Münchner Residenztheaters das Ritterkreuz II. Klasse des Verdienstordens vom heiligen Michael verliehen. Ab 1858 wohnte Foltz mit seiner Familie in München in der Bayer-Str. 7d. Als seine Frau Karolina 1864 verstarb, lebte er dort mit seinen vier Töchtern bis zu seinem Tod am 10. November 1867. Seine letzte Tätigkeit galt den zahlreichen plastischen und kunsttechnischen Ausschmückungen der Frauenkirche in München.

Die Inschriften der Grabstätte der Brüder Philipp und Ludwig Foltz auf dem Alten Südfriedhof in München sind zum Teil verwittert und nicht mehr gut lesbar. Philipp Foltz heiratete Eudoria Boitel in München am 2. Mai 1842. Sie wurde am 1. Juni 1824 geboren und starb am 22. Dezember 1858 in München. Ihr Name ist an der obersten Stelle in den Grabstein gemeißelt.

Am 24. Juni 1841 heiratete Ludwig Foltz Karolina Spitzer in München. Karolina Foltz wurde am 22. September 1824 geboren und starb am 16. Februar 1864 in München. Dies ist die zweite Inschrift auf dem Grabstein.

Die dritte in größerer Schrift lautet: "Ludwig Foltz / königl. Professor / Baumeister u. Bildhauer / geb. d. 23. März 1809 / gest. d. 10. Novbr. 1867."

Die vierte in noch größerer Schrift lautet: "Philipp von Foltz, / kgl. bay. Central Gemälde Gallerie / Direktor a.D. Ehrenmitgl. d. Akademie / d. bild. Künste zu München u. Wien / u. Historienmaler. / Ritter u. Verdienstord. d. bay. Krone / Inhab. d. Ritterkreuz 1. Cl. v. hlg. Michael / geb. d. 11. Mai 1805 zu Bingen. / gest. d. 5. Aug. 1877 zu München."

Kurz vor dem Sockel folgt die stark verwitterte Inschrift "Lina Foltz" zu Ludwig Foltz‘ Tochter Karoline (genannt Lina) , geboren am 4. August 1852 in Regensburg und gestorben im Juli 1915. Sie blieb unverheiratet. Ihre älteren Schwestern heirateten und wurden unter deren neuen Familiennamen andernorts bestattet. In den Nekrologen lautet es "An seinem Grabe trauern vier Töchter". Einen guten Überblick über das Foltz‘sche Lebenswerk gibt der 1868 veröffentlichte Nekrolog im Kunst- und Gewerbe-Blatt. Die Namen von Foltz‘ vier Töchtern lauten:

 

Schachfiguren in Zeichnungen, Lithografien und Holzstichen

Die Entwürfe der Schachfiguren entstanden in der Zeit zwischen 1840 und 1849. Das Datum lässt sich nicht genau bestimmen, da Foltz die Entwürfe nicht datiert hat. Die Schachfiguren sind im mittelalterlichen Stil entworfen. Ähnliche Motive finden sich auf seinen verzierten Humpen, Bechern und Krügen. Diese Steinzeuggeschirre wurden überwiegend von Villeroy & Boch in Mettlach hergestellt. Einige waren für den sogenannten Humpensaal im Schloss Egg bestimmt.

Foltz hat seine Entwurfszeichnungen der Schachfiguren (Bauern a bis h) nach den Grundpositionen des Schachbrettes bezeichnet.

Zeichnungen und Lithografien siehe Buch.

Foltz hatte eine Vorliebe für die Zeit der Gotik. Als Baumeister arbeitete er im Stil der englischen Neugotik. Als Professor an der polytechnischen Schule in München ließ er für seinen Unterricht Zeichnungsvorlagen drucken. Dort hatte er vermutlich auch seine Federzeichnungen der Schachfiguren als Lithografien in kleiner Auflage drucken lassen. Diese Lithografien dienten u. a. als Vorlage für die Holzstiche in der Leipziger Illustrirten Zeitung.

Ein kompletter Satz dieser Lithografien wäre zur Gewinnung potentieller Käufer das geeignete Anschauungsmaterial gewesen. Die Präsentation der relativ großen und schweren Schachfiguren war auf die Industrieausstellung 1854 in München und auf die Weltausstellung 1855 in Paris beschränkt.

Die Figuren waren als Wandschmuck für die Ausstattung von Sälen gedacht. Spielsäle gab es beispielsweise in Kurhäusern. 1841 wurde die Spielbank in Bad Homburg vor der Höhe eröffnet, die nur 75 km von Foltz‘ Geburtsort Bingen entfernt ist bzw. 50 km vom Wohnort seines Bruders Friedrich in Darmstadt.

Nur 35 km von Bingen entfernt befindet sich das 1810 erbaute Kur- und Gesellschaftshaus in Wiesbaden. Aber auch das 1823 errichtete Kurhaus in Baden-Baden oder das bereits 1785 erbaute Alte Kurhaus in Aachen wären geeignete Räumlichkeiten für eine Wandgestaltung mit diesen Schachfiguren gewesen. Doch hierzu ist nichts bekannt. Stattdessen teilt die Illustrirte Zeitung mit, dass die Schachfiguren als Zimmerverzierung für den Schachclub in New York bestimmt seien und diese es verdienen, dem "vaterländischen Publikum vorgeführt zu werden, ehe sie nach Amerika, dem Ziel ihrer Bestimmung übersiedeln".

Bereits 1835 wurde in New York City ein Spielsaal unter dem Namen Bassford's Billiard & Chess Rooms eröffnet, der 1865 von einem Feuer zerstört wurde. 1839 gründeten James Thompson und Colonel Charles Dillingham Mead den New York Chess Club. Die Spieler trafen sich regelmäßig in den Räumen des Carlton House am Broadway. 1843 fand ein bedeutendes Schachturnier in Manhattan statt. Erst im Oktober 1855 wurde der Brooklyn Chess Club gegründet und 1857 fand der erste amerikanische Schachkongress in New York City statt.

Nach Durchsicht aller verfügbaren Veröffentlichungen über New Yorker Schachclubs wurde keine Erwähnung des Namens von Ludwig Foltz gefunden. Es ist allerdings auch nicht auszuschließen, dass es einen Auftrag zur Lieferung eines Satzes großformatiger Schachfiguren an einen New Yorker Schachclub gegeben haben könnte. Wenn ein New Yorker Schachclub die Schachfiguren von Foltz präsentiert hätte, wäre sicherlich ein entsprechender Bericht in Frank Leslie's Illustrated Newspaper zu finden. Diese illustrierte Zeitung wurde jedoch erst fünf Jahre später (1855) gegründet. 

Die Schachfiguren von Ludwig Foltz als Holzstiche sehen Sie auf meiner Seite Schachfiguren-1850