Psychologie für Schachspieler von der Autorin Elke Rehder |
Als Künstlerin betrachte ich das Schachspiel unter anderen Aspekten als ein Schachspieler in einem Turnier. Für mich sind die Figuren und ihre Aktionen auf dem Schachbrett vergleichbar mit gesellschaftlichen Prozessen. Über den Menschen am Schachbrett habe ich mir kaum Gedanken gemacht und er ist daher auch nicht Gegenstand in meinen Bildern. Im Schachsport spielt der Mensch am Schachbrett jedoch die wesentliche Rolle. Seine individuelle Persönlichkeit, seine Stärken und Schwächen und momentanen Konflikte sind ausschlaggebend für die Spielentscheidung. Wie in anderen Sportarten des Zweikampfes (z. B. Boxen) bereiten sich die Gegner auf ihren Kampf vor. Die psychologischen Charaktereigenschaften des Gegners werden genau unter die Lupe genommen. Fast jeder Spieler hat einen eigenen Stil, der genau zu studieren und zu analysieren ist. Grundkenntnisse der Psychologie sind dabei von Vorteil. Ein guter Schachtrainer wird in seinem Bücherschrank sicherlich einige grundsätzliche Werke zur Psychologie vorweisen können.
Schachspieler - Holzschnitt von Elke Rehder
Für Einsteiger empfehle ich das Buch "Psychologie im Schach" von Nikolai Krogius. Ich habe eine Ausgabe, die 1983 im Sportverlag Berlin erschienen ist. Krogius (geboren 1930) ist ein russischer Schachmeister und absolvierte ein Studium der Sportpsychologie. Sein Buch beschreibt die Rolle und den Platz der Psychologie in der Schachkunst und streift dabei auch Randgebiete der Pädagogik und der erzieherischen Rolle des Schachspiels.
Das schachliche Denken ist in der Regel bildhaft. Die Frage nach dem Abbild spielt in der Psychologie eine wichtige Rolle. Weitere spielentscheidende Einflussgrößen sind die Zeitnot, die Kampftaktik, der Stil und das Alter des Spielers. Um die praktische Arbeit bei der psychologischen Vorbereitung auf den Wettkampf zu erleichtern, hat Krogius einen Arbeitsplan für die psychologische Charakterisierung des Gegners in seinem Buch bereitgestellt.
Stefan Zweig - Schachnovelle 3 - Zitat -
Textstelle: "Die Umstellung war restlos gelungen: ich hatte das
Schachbrett mit seinen Figuren nach innen projiziert …"
In vielen Sportarten ist die mentale Stärke eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg. Die Schach-Psychologie hilft, die vorhandenen eigenen Stärken noch zu verbessern und Schwächen eventuell ganz zu beseitigen. Daher ist auch für den Schachspieler die Psychologie von großer Bedeutung. Die Gesundheit und die körperliche Fitness des Schachspielers sind häufig auch spielentscheidend. Professionelle Spieler sollten daher auch auf die richtige Ernährung achten. Ausgleichssport und Entspannungsübungen können vor einem Wettkampf das schachliche Denken verbessern. Hierzu zählen in erster Linie Konzentrationsfähigkeit, Wahrnehmung, Vorstellungsvermögen und Gedächtnis.
Schachnovelle - Schachwut (Rage, Raserei, Fieber) - Stefan Zweig Zitat: "Und da ich nichts anderes hatte als dies unsinnige Spiel gegen mich selbst, fuhr meine Wut, meine Rachelust fanatisch in dieses Spiel hinein. Etwas in mir wollte recht behalten, und ich hatte doch nur dieses andere Ich in mir, das ich bekämpfen konnte; so steigerte ich mich während des Spiels in eine fast manische Erregung."
Neue Erkenntnisse der Schachpsychologie sind in dem 2009 im Verlag Frank & Timme erschienenen Buch "Nervenkrieg - von Aura bis Zweikampf" nachzulesen. Marion Bönsch-Kauke beschreibt die Angewandte Psychologie für Trainer, Schachlehrer und Spieler in einem Lehrbuch in elf Modulen. Die Autorin ist Sozialpsychologin, die sich auf das Schachspiel spezialisiert hat. Sie gibt Antworten auf die Frage, was Schachpsychologie für die Vorbereitung zum Wettkampf beitragen kann. Dabei geht es um die bestmögliche Fitness, die Vorbereitung auf den Gegner, die Kontrolle von Emotionen und die Vermeidung von Aussetzern (Schachblindheit).
Spieler Tod - Holzschnitt von Elke Rehder
Der Schachweltmeister Emanuel Lasker war der Meinung, dass nicht unbedingt der beste Zug in einem Schachspiel, sondern der dem Gegner unangenehmste Zug von Bedeutung sei. Lasker wählte unter mehreren guten Zugmöglichkeiten, die in Relation zum Gegner erfolgversprechendste aus. Um es mit Laskers Worten zu sagen: "Der Schachmeister, der mit einem Gegner ringend am Brett sitzt, bedarf des gesunden Menschenverstandes ...". Damit ist meines Erachtens alles gesagt.
Irrationale Stellung - Holzschnitt von Elke Rehder